Nachdem ich an den perfekten Fotowetter-Tagen Ende Juni leider Krankenwache bei meinem Kater hatte und die Sonnentage danach rar wurden, war ich froh, am 21. Juli 2020 das Homeoffice mittags schließen und an die Mosel fahren zu können. Oberhalb von Lehmen gibt es im Klosterberg eine Fotostelle mit schöner Aussicht. Richtung Norden geht der Blick nach Kobern-Gondorf und am anderen Moselufer nach Niederfell. Ein Erzzug mit zwei Loks der Baureihe 189 durchfährt auf der Route Rotterdam – Dillingen die Oberburg in Gondorf, das weiße Gebäude ganz hinten im Bild. Die Burg der Fürsten von der Leyen wird von Bahn und Straße zerteilt, sodass dieser Teil jetzt mehr wie ein Stadttor wirkt.

Im Sommer steht die Sonne hoch genug, dass Lehmen auch bei Fotos in Richtung Süden noch nicht ganz im Schatten liegt und man einen schönen Blick auf die Staustufe einfangen kann. Dabei sitzt man gemütlich auf den Bänken vor dem kleinen Pavillon, der im ersten Bild zu sehen ist. Hier passiert CFL 4004 mit einem Wascosa-Kesselwagenzug die älteste Weinbaugemeinde an der Untermosel. Die in Deutschland zugelassenen Luxemburger 4001 bis 4020 sind eigentlich keine „echten“ 185 (Bombardier Traxx F140 AC1), sondern gehören wegen ihrer Ausrüstung für den Personenverkehr zu einer inoffiziellen Bauart P140 AC1. Im Vordergrund ist die neue katholische Kirche St. Castor zu sehen, in der Ortsmitte bekommt der fünfgeschossige Glockenturm der ehemaligen Pfarrkirche aus dem 12. Jahrhundert, das Wahrzeichen von Lehmen, noch Sonnenlicht ab.

Fahren oder nicht fahren? Die Chance auf eine Wolkenlücke lag am Sonntagabend, 26. Juli 2020, bei 50 %. Da ich den Wunschtatort schon kannte, der Weg zur Halde Nierchen in Eschweiler Nothberg nicht so weit ist und ich da außerdem ein Buch zu Ende lesen konnte, habe ich mich auf den Weg gemacht. Obwohl sich da oben ganz schön was zusammenbrauchte, blieben ich und mein Buch trocken. Und zuvor passierte noch Railpool 186 452 in den Diensten von LINEAS meine Leseecke mit einem KLV-Zug Richtung Belgien.

Das sind die Neuen auf der Linie RE 1: Abellio Rail fährt mit den im Eigentum von Siemens Mobility stehenden Desiro HC die Mehrzahl der Umläufe, nur einige wenige Fahrten werden nach wie vor von 146 und Doppelstockwagen bedient. Die dicke Wolke war vorbeigezogen, die Sonne aber schon fast untergegangen, als 462 004 und 064 kurz vor 21 Uhr als RE 26834 aus Hamm (Westfalen) kommend nach Aachen fahren.

Die ersten Bilder im Ausland nach mehr als fünf Monaten – gewählt habe ich dafür das Nahziel Geultalviadukt. Am Abend des 29. Juli 2020 überquert eine Railpool 186 in Diensten von LINEAS die Brücke Richtung Westen.

Ende Juli zeigt der Sommer, was er kann – und ich mache Brückentage. Nein, kein Urlaub vom Homeoffice, sondern nach dem Moresneter Viadukt ist heute die Hammer Rheinbrücke zwischen Neuss und Düsseldorf als Fotostandort an der Reihe. Der im Dezember 2020 anstehende Betreiberwechsel auf der Linie RE 4 lockt derzeit viele Eisenbahnfreunde in die Neusser Rheinwiesen. Ganz andere Gründe sind wohl für die Familie unten links im Bild ausschlaggebend, hier ihren Sonnenschirm aufzustellen. Im Bild ist RE 10432 auf dem Weg von Dortmund nach Aachen zu sehen. Um noch etwas Sonne im Vordergrund und ein Schiff im Bild zu haben, stammen die meisten Teile dieses Fotos aus einer Aufnahme etwa 25 Minuten vor Durchfahrt des RE. Auf diese Weise konnte auch die optische „Kollision“ mit einer S-Bahn auf der Brücke vermieden werden.

Der dritte Brückentag führte mich am 31. Juli 2020 nach Duisburg zur Haus-Knipp-Brücke zwischen den Stadtteilen Beeckerwerth (rechtsrheinisch) und Baerl (linksrheinisch). Der dort verlaufende Rheindeich bietet einen leicht erhöhten Standort zum Fotografieren in den Abendstunden. Wegen der Sperrung der südlich gelegenen Hochfelder Eisenbahnbrücke hatte ich die Hoffnung auf Umleiterverkehr über diese ansonsten eher schwach ausgelastete Strecke. Allerdings waren die ersten zwei Stunden von Enttäuschung über viele Züge aus der falschen Richtung und Lokleerfahrten geprägt. Hoffnung auf ein glückliches Ende dieses Ausflugs weckte gegen 19:40 Uhr 223 154 von RCC Rail Cargo Carrier, ehemals Privat Car Train, die mit ihrer Beklebung für die Autologistik von ARS Altmann wirbt.

„Und die Brücknersleut', ohne Rast und Ruh und in Bangen sehen nach Süden zu, sehen und warten, ob nicht ein Licht übers Wasser hin ‚ich komme’ spricht“ (Theodor Fontane, Die Brück' am Tay) – so ungefähr war die Stimmung, als die Sonne immer tiefer sank. Wir schauten allerdings nach Osten. Ein herzlicher Gruß geht an dieser Stelle an Björn, der mir zwei Züge versprochen hatte, bevor es dunkel wird. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Er hatte sie mir natürlich nicht versprochen, aber ich habe es ihm so in den Mund gelegt. Und er hat das nicht gegebene Versprechen gehalten! In der letzten Stunde vor Sonnenuntergang gab es viel zu fotografieren, ich will hier nur die beiden letzten Bilder zeigen. 20:56 Uhr: NIAG 8, die ehemalige DB 216 111-5, fährt mit dem Petrolkoks-Zug aus Gelsenkirchen Horst (BP Ruhröl) nach Millingen Solvay. Links im Bild ein Mast der modernen Beeckerswerther Autobahnbrücke, die einen ziemlichen Kontrast zur Bahnbrücke bildet.

Daran hatten wir drei (ein weiterer Bahnfotograf war zu uns gestoßen, auch ihm viele Grüße) wohl alle nicht mehr geglaubt. Der über drei Stunden zuvor in Kirchhorsten gesichtete China-Express passierte auf seinem Weg nach Rheinhausen die Haus-Knipp-Brücke um 21:05 Uhr. Minuten später lag die Brücke für diesen Tag endgültig im Schatten. Für die Statistik: Zuglok ist PKP Cargo E46-501 (193 501). Diesem Schlussbild für den Monat Juli habe ich ein etwas größeres Format gegönnt, also gern mal draufklicken für die volle Auflösung.

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